24. Oktober – 20. Februar 2020

Angela Lima & Rosângela de Andrade Boss

Territórios lúdicos

Zeitgleich mit der 14. Curitiba Biennale präsentiert Brasilea in Basel die beiden brasilianischen Künstlerinnen Angela Lima und Rosângela de Andrade Boss aus Curitiba. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt mit der Biennale, beide Künstlerinnen waren an der 13. Biennale von Curitiba ausgestellt und wurden aufgrund ihrer spielerischen Ansätze ausgewählt, die sie sowohl bei der Themenfindung wie auch bei der Verknüpfung der verschiedenen Stilrichtungen im Prozess umsetzen.

 

Angela Limas ist geprägt von ihrer Überzeugung, dass in jede verrichtete Arbeit unabdingbar die eigene Erfahrung und Subjektivität einfliesst.

Vor dem Schaffensprozess dringt Angela Lima tief in ihr Innerstes und ihre Erfahrungen ein, begibt sich auf eine Recherche ihrer selbst, bei der schlussendlich vieles an die Oberfläche kommt und im kreativen Prozess auf die Leinwand projiziert wird. Als Filmliebhaberin geht sie dabei wie bei der Filmproduktion vor. Sie erzählt Projekte als Geschichten und unterteilt diese in Filmabschnitte, die sie dann in mehreren Szenen förmlich abarbeitet. „Ich habe keine wörtliche Sequenz, aber ich habe eine sichtbare Sequenz.“ (“Nao tenho uma sequencia literal, mais tenho uma sequencia visivel.”)

Dabei skizziert sie unentwegt, bis Grobskizzen angefertigt sind, die sie dann auf verschiedene Materialien überträgt. Angela Lima ist permanent auf der Suche nach einer Charakteristik für die einzelnen Szenen, in denen es stets auch leere Bereiche gibt. Diese Leerstellen sind in all ihren Arbeiten vorhanden und mindestens eine Seite ihrer Werke ist offen konstruiert, um Interpretationsspielraum für die Betrachtenden zu lassen und jederzeit ein Eintauchen beim Betrachten zu ermöglichen.

Sie beschreibt ihre Arbeitsweise als einen Prozess, der dann final ist, sobald eine aus mehreren Szenen bestehende Geschichte im Gesamten abgeschlossen und aufeinander abgestimmt ist. Dabei wird permanent hinterfragt und ausgelotet, welche Position die richtige für jedes einzelne Objekt ist, welches Detail wichtig oder doch eher unwichtig und damit weglassbar ist. Leerstellen werden gereinigt, Objekte werden ergänzt, teilweise komplett raus genommen und andere wieder durch neue ersetzt.

Während ihrer Künstler-Residence im temporären Atelier der Brasilea hat sich Angela auf die Suche nach den fröhlichen, leichten und spielerischen Momenten ihrer Kindheit begeben. Dabei bedient sie sich prägender Elemente aus ihrer beruflichen Laufbahn im Modedesign und mischt sie mit der Bild- und Formensprache aus der bewegten Fotografie. Personen und Objekte springen scheinbar aus dem Raster, Leerstellen werden besetzt oder bewusst als solche belassen, Teile ausgeblendet, überlagert und abgeschnitten. Es entsteht ein geheimnisvolles Spiel aus Struktur, Filtern und Tiefe.

In der Ausstellung werden 22 Werke gezeigt, die mit denen von Rosângela de Andrade Boss kommunizieren.

 

Rosângela de Andrade Boss beschäftigt sich in ihrem künstlerischen Schaffen mit kulturellen, sozialen und ästhetischen Grenzen und dem permanenten Wandel, dem diese unterliegen. Ein über Jahre angesammelter Fundus unterschiedlichster Materialien, den sie während ihrer Recherchen zusammengetragen hat, dient ihr als Inspiration. Hinzu kommen Fotografien, die Rosângela bei ihren Spaziergängen in der Natur und in der Stadt unbemerkt mit ihrer kompakten Fotokamera gemacht hat; Alltagsszenen, dokumentiert, um diese so natürlich wie möglich zu belassen.

Die Fotografien eines Stadtspaziergangs in Curitiba dienen auch als Basis und Inspiration für ihre neueste Werkserie: Arbeiter auf ihren fragilen Gerüststrukturen bei Fassadenarbeiten am Auge des Museums Oscar Niemeyer in Curitiba. Die Maler scheinen ihre Arbeit waghalsig zu verrichten, präsentieren sich dabei in einem ungesichertem Schwebezustand zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht, offensichtlich selbst verunsichert, ob ihre Konstruktion in die Höhe ausreichend stabil ist, weshalb sie diese zusätzlich mit Seilen absichern. So entsteht ein Bild der skulpturellen Unordnung auf der Suche nach Halt und Struktur, bei der die Grenzen des Machbaren ausgelotet werden. Gleichzeitig erinnern die abgebildeten Szenen an ein Kartenhaus, das aufgrund seiner Instabilität und Fragilität innert Sekunden einstürzen kann. Rosângela legt den künstlerischen Fokus auf die Zwischenräume und Schnittstellen der Strukturen, die sie im Stile der früher intensiv betriebenen Drucktechnik von Holz- und Linolschnitt grossflächig ausarbeitet, um den verworrenen Strukturen mit comicartigen Verbindungen grafisch Halt zu geben.

Eine bedeutende Rolle in anderen Werken Rosângelas spielt auch der naturbedingte Wandel. Bei diesen Arbeiten scheint die Natur unaufhörlich zu wachsen, gar zu wuchern und jede Metamorphose scheint ausser Kontrolle. Nach dem Prinzip der Collage schiebt Rosângela verschiedene Bruchstücke zur Formation, die sich in einer beliebigen Anzahl wiederholt, und die allein betrachtet chaotisch wirkt. Ihre dunkle und sehr dominante Wirkung verdankt dieses augenscheinliche Chaos der Tuschezeichnungen, die durch neue grafische Formen mit Buntstift, Bleistift, farbigem Klebeband und Farben durchdrungen werden. Es entstehen surreale hybride Wesen, die Struktur und wuchernde Natur miteinander verschmelzen lassen.

 

Rosângelas Arbeiten, die durch extreme Gegensätze charakterisiert sind, werden durch eine nahtlose Verbindung aller eingesetzten Elemente und Stilrichtungen geprägt, die spielerisch anmutet, die die Realität mit der Träumerei stets bis zur Unkenntlichkeit miteinander vermischt und dabei Ursprüngliches von Konstruiertem für den Betrachter nicht mehr auseinanderdividierbar ist.

69 Werke werden gezeigt.

 

Ein bebilderter Katalog auf DEU, ENG, POR begleitet die Ausstellung.

Die Brasilea Stiftung lädt Sie und Ihre Freunde herzlich zur Eröffnung

der Ausstellung ein:

 

Donnerstag, 24. OKTOBER 2019, 18:45

 

Die Künstlerinnen Angela Lima & Rosângela de Andrade Boss,

der Präsident der Curitiba Biennale Luiz Ernesto Meyer Pereira

und der brasilianische Botschafter Evandro de Sampaio Didonet sind anwesend.