Vom 12. Mai bis 18. Juni 2017 zeigt die Brasilea zeitgenössische afro-brasilianische Malerei von Arjan Martins. Arjan Martins, einer der interessantesten Vertreter brasilianischer Gegenwartskunst, arbeitet seine Herkunft mittels historischer Grundlagenforschung auf, beschäftigt sich intensiv mit dem immer aktuellen Thema der Völkerwanderung und der Kolonialzeit, stellt kartografisches Anschauungsmaterial aus, welches den Handel und die Verschiffung von Sklaven dokumentiert und veranschaulicht.
1960 in Rio de Janeiro geboren, arbeitet und lebt er noch heute dort. Seine Arbeiten sind geprägt von der Frage nach der ethnischen Identität. Er verwendet historische Fotos, auf denen Menschen in Alltagssituation abgebildet sind und welche sich mit der Thematik Migration auseinandersetzen. Arjan Martins übersetzt die übergeordnete Fragestellung auf eine Vielzahl von Oberflächen: weggeworfene Holzstücke, Papier, Wände, Böden, die Stadt als solche, etc. Er skizziert ruhige Silhouetten ebenso wie genaue Umrandungen, verwendet Tünche oder lässt seine Umsetzung malerisch explodieren. In Arjan Martins Werken spürt der Betrachter den Antrieb und die Spannungen seines inneren Universums.
„Ich versuche Stimmen und Geräusche aus Geschichtsbüchern, Geschriebenes, Gesagtes und Zitate zu transformieren, in imaginäre Portraits.“ Arjan Martins hinterfragt die seichte Menschlichkeit auf Erden, führt sie zurück aufs Ursprüngliche, indem er die Vergänglichkeit von gebrauchten Gegenständen als Darstellungsplattform einflicht. Er versucht, das nicht organische Wesen der Dinge zu durchdringen. Ausdruck hierfür findet er in unglaublich starken Farben und Kompositionen, mit immer wiederkehrenden Motiven. Übergeordnet die Thematik Migration, dargestellt einerseits durch Sextanten, Schiffsrumpfe, Globen.
Andererseits, immer wiederkehrend, das kleine, schwarze Mädchen, die Hand zur Faust vorm Gesicht. Zunächst im grünen Kleid, dann wieder schemenhaft, erst jung, vor-pubertär, unschuldig. Dann älter, dunkler, traurig, geschockt. Das Mädchen, die junge afro-Migrantin, begleitet Arjan Martins schon viele Jahre; sie gibt in seinen Werken eine emotionale Ebene wieder. Ihren Ursprung hat sie auf einer Fotografie aus den 50er Jahren, abgebildet auf einem Plattencover von Oscar Peterson – Girl Talk (Fotografie Josef Werkmeister), erschienen 1968, sie wäre, so denn sie noch lebt, heute in ihren Achtzigern. Immer wiederkehrend ist auch das Motiv des dreijährigen Aylan Kurdi, der 2015 nahe Bodrum in der Türkei tot an den Strand geschwemmt wurde, als er mit seiner Familie vom Krieg aus Syrien floh. Ein Bild, das die Welt schockierte, ein Sinnbild für die Tragödie der aktuellen Völkerwanderung.
Für die Ausstellung in der Brasilea kreiert Arjan Martins rund 25 Werke auf Holz und Leinwand in seinem temporären Atelier, das er vor Ort installiert hat. Drei Monate arbeitet er in Basel an der Ausstellung, die sich dadurch über ihre Dauer hinweg verändert. Das Atelier ist integrativer Bestandteil und kann während den Öffnungszeiten besichtigt werden. So gewährt Arjan Martins den Besuchern fortwährend Einblick in den Entstehungsprozess seiner Werke.